Mann kommuniziert über Signale mit taubem Hund.
Erziehung und Training

Tauber Hund: Ursachen, Erkennung und Umgang

11.10.2023

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Taube Hunde sind zwar gehandicapt, können jedoch ein ebenso glückliches Leben führen wie hörende Hunde. Dazu brauchen Hundehalterinnen und Hundehalter lediglich ein bisschen Hintergrundwissen und geeignete Strategien, um mit ihrem Vierbeiner entsprechend einfühlsam umzugehen. Wie das funktioniert, erfährst du hier. Außerdem klären wir, welche Ursachen hinter einer Taubheit stecken können und bei welchen Anzeichen, eine tierärztliche Untersuchung wichtig wäre.

Ursache der Taubheit bei Hunden

Die Taubheit bei Hunden kann verschiedene Ursachen haben. Sowohl genetische Gründe, als auch Verletzungen können zur Taubheit beim Hund führen. Die Ursachen zu verstehen, kann helfen mit dieser Besonderheit seines Hundes entsprechend umzugehen.

Hier ist eine Auflistung häufigerer Ursachen:

  • Altersbedingte Taubheit: Ähnlich wie bei Menschen kann das Gehör eines Hundes im Laufe des Lebens nachlassen. So kommt es vergleichsweise häufig zu einer Taubheit bei älteren Hunden.
  • Entzündungen und Infektionen: Das Hörvermögen kann durch Entzündungen oder Infektionen beeinträchtigt werden. Bei einer Otitis beispielsweise kann Flüssigkeit ins Innere des Ohres gelangen, das Trommelfell erreichen und dort Schädigungen verursachen.
  • Verletzungen: Traumatische Verletzungen des Kopfes oder der Ohren können zu Taubheit führen, insbesondere wenn das Innenohr betroffen ist.
  • Medikamenten oder Vergiftungen: Bestimmte Medikamente oder giftige Substanzen können das Gehör eines Hundes schädigen und für eine Verschlechterung bzw. das Verschwinden der Hörfähigkeit verantwortlich sein.
  • Angeborene Höreinschränkungen: Welpen können mit einer angeborenen Taubheit zur Welt kommen, die auf genetische Einflüsse oder Entwicklungsstörungen zurückzuführen sein kann.
  • Autoimmunerkrankungen: Das Innenohr kann durch Autoimmunerkrankungen angegriffen werden, was zur Zerstörung der Hörsinneszellen führen kann.

Arten von Taubheit

Es gibt zwei Arten von Taubheit. Man unterscheidet leitfähige und sensorineurale Taubheit. Je nach Art der Ertaubung, kann eine unterschiedliche Behandlung erfolgen. Daher ist eine sorgfältige Diagnostik wichtig.

Leitfähige Taubheit

Diese Art der Taubheit tritt auf, wenn das Schallsignal nicht effektiv vom äußeren Ohr zum Innenohr übertragen wird. Verantwortlich hierfür sind mitunter Probleme im äußeren oder mittleren Ohr sein. So können Entzündungen, Infektionen, Verstopfungen oder Anomalien den Schall blockieren oder abschwächen. Lassen sich die Ursachen behandeln, kann diese Art der Taubheit reversibel sein, sodass der Hund möglicherweise wieder hören kann.

Diagnose von leitfähiger Taubheit

  • Ohruntersuchung: Die Tierärztin oder der Tierarzt überprüft das äußere Ohr auf Anzeichen von Entzündungen, Infektionen oder Verstopfungen, die die Übertragung des Schalls behindern könnten.
  • Trommelfellprüfung: Die Integrität des Trommelfells wird überprüft, um sicherzustellen, dass es intakt ist und ordnungsgemäß funktioniert.
  • Audiometrie/BAER-Test: Dies ist eine spezialisierte Hörtestmethode, bei der Geräusche unterschiedlicher Lautstärke und Frequenz abgespielt werden, während die Reaktion des Hundes überwacht wird. Dazu werden unter Sedierung am Kopf des Hundes Elektroden befestigt. Über kleine Stöpsel in den Ohren des Hundes spiel man Geräusche ab. Mittels der Elektroden lässt sich messen, ob die Geräusche vom Gehirn des Hundes wahrgenommen werden. So lässt sich feststellen, ob der Schall effektiv vom Ohr zum Innenohr übertragen wird.

Bei der sensorineuralen Taubheit ist das Problem etwas anders gelagert.

Sensorineurale Taubheit

Bei sensorineuraler Taubheit liegt das Problem im Innenohr oder im Hörnerv selbst. Hier sind die Haarzellen im Innenohr oder die Nerven, die Schallsignale zum Gehirn übertragen, betroffen. Diese Art der Taubheit ist zumeist dauerhaft, da die geschädigten Haarzellen oder Nerven nicht wieder hergestellt werden können. Sensorineurale Taubheit kann genetisch bedingt sein oder durch Faktoren wie Alterung, Krankheiten, Medikamente oder Vergiftung verursacht werden.

Diagnose von sensorineuraler Taubheit

  • Audiometrie/BAER-Test: Diese Testmethode wird auch für die Diagnose sensorineuraler Taubheit verwendet. Sie kann außerdem dabei helfen, den Grad der Taubheit und die Frequenzen zu bestimmen, die der Hund nicht hören kann.
  • Elektroneurographie (ENG): Dies ist ein Test, bei dem die elektrische Aktivität der Hörnerven gemessen wird. So wird festgestellt, inwiefern die Hörnerven ordnungsgemäß auf akustische Reize reagieren.
  • Bildgebung: In Ausnahmefällen kann die Anwendung bildgebender Verfahren wie Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) sinnvoll sein. Damit lassen sich strukturelle Anomalien im Innenohr oder im Gehirn identifizieren, die zur Taubheit führen könnten.

Wie erkenne ich Taubheit bei Hunden?

Um Taubheit bei seinem Hund zu erkennen, ist eine präzise Beobachtungsgabe und ein tieferes Verständnis vom Verhalten des Hundes nötig. Wer seinen Hund gut kennt und Verhaltensänderungen sensibel wahrnimmt, hat hervorragende Chancen eine (beginnende) Taubheit frühzeitig wahrzunehmen. Folgende Anzeichen sollten einen alarmieren und eine tierärztliche Untersuchung veranlassen:

  • Hund ignoriert Rufen: Keine Reaktion, wenn du deinen Hund rufst? Wenn dein Hund nicht mehr auf seinen Namen reagiert, könnte das ein Anzeichen für Verlust oder Schädigung der Hörfähigkeit sein.
  • Weniger oder keine Reaktion auf Geräusche: Dein Hund reagiert für gewöhnlich auf Geräusche wie Klingeln an der Tür oder Händeklatschen. Plötzlich oder auch allmählich lässt seine Reaktion nach. Dies kann ein Anzeichen für eine Gehörschädigung sein.
  • Schlaf verändert sich: Dein Hund schläft fester und reagiert nicht auf Geräuschen, auf die er zuvor reagiert hat.
  • Desinteresse an Umgebungsgeräuschen: Es wird lauter und der Hund zeigt kein Interesse, obwohl er zuvor auf eine derartige Geräuschkulisse reagiert hätte.
  • Orientierung verändert sich: Der Hund scheint zunehmend seine Augen zu nutzen, um sich zu orientieren. So schaut er öfter zu dir hin oder bleibt eher in deiner Nähe.
  • Plötzliche Unruhe: Dein Hund wird bei Geräuschen plötzlich unruhig oder ängstlich, da er die Ursache des Lärms nicht identifizieren kann.

Training und Erziehung von tauben Hunden

Auch, wenn Hunde nicht (mehr) hören können, lassen sie sich erziehen und trainieren. Hier sind einige Tipps, wie du mit einem tauben oder hörgeschädigten Hund kommunizieren und trainieren kannst.

  • Visuelle Signale nutzen: Da dein Hund gesprochene Kommandos nicht hören kann, funktioniert eure Kommunikation am besten über visuelle Signale. Verwende klare Handzeichen, die dein Hund leicht erkennen kann. Ergänzend kann ein Vibrationshalsband zusätzlich hilfreich sein. Damit lässt sich ein Hund darauf trainieren bei Vibration des Halsbandes den Kontakt zu seinem Menschen zu suchen. Vibrationshalsbänder sind nicht für jeden Hund geeignet. Daher sollte man seinen Hund vorsichtig an dieses Hilfsmittel heranführen und ausprobieren, inwiefern diese kleine Hilfestellung funktioniert.
  • Positive Verstärkung verwenden: Das Trainieren erfolgt bei tauben Hunden ähnlich wie bei hörenden Hunden. Belohne deinen Hund mit Leckerlis, Streicheleinheiten oder Lob, wenn er das gewünschte Verhalten zeigt. Diese positive Verstärkung motiviert deinen Hund, sich anzustrengen.
  • Kurze Trainingseinheiten: Halte die Trainingseinheiten kurz und positiv. Taube Hunde können leichter ermüden, also sorge dafür, dass das Training angenehm bleibt.
  • Wiederholung und Geduld: Wiederholung ist der Schlüssel. Trainiere regelmäßig und sei geduldig. Es kann vielleicht etwas länger dauern, bis dein tauber Hund die Signale versteht und beherrscht.
  • Einzelne Kommandos: Beginne mit grundlegenden Kommandos wie Sitzen, Liegen und Bleiben. Erweitere das Training schrittweise, sobald dein Hund die Grundlagen beherrscht.
  • Bindung aufbauen: Eine enge Bindung zwischen Mensch und Hund wirkt sich generell positiv auf das Zusammenleben aus. Bei einem tauben Hund kann diese noch wichtiger sein, weil dem vierbeinigen Freund ein Sinneskanal fehlt. Versuche, wo immer es geht, die Bindung zu deinem Hund zu verstärken.
  • Professionelle Unterstützung: Bei Schwierigkeiten im Umgang mit einem tauben Hund, können Hundetrainerinnen oder Hundetrainer helfen, die Erfahrung in der Zusammenarbeit mit tauben Hunden haben.

Alleine zuhause: Kann ich meinen tauben Hund alleine lassen?

Auf die Frage, ob du deinen tauben Hund zuhause alleine lassen kannst, gibt es keine einfache Antwort. Ganz ähnlich übrigens wie bei hörenden Hunden auch. Denn wie bei einem hörenden Hund ist es eine Frage der Vorbereitung und der Übung, ob und wie lange du ihn zuhause allein lassen kannst:

  • Trainieren: Idealerweise lernt ein junger Hund bereits, dass es völlig in Ordnung ist, eine Weile allein zu Hause zu bleiben. Baue dazu eine Routine für das Alleinsein auf, damit dein Hund sich daran gewöhnen kann. Verlängere allmählich Schritt für Schritt die Dauer deiner Abwesenheit. Verwende positive Verstärkung, wenn er ruhig bleibt. Hier findest du einen ausführlichen Artikel zum Thema Trennungsangst.
  • Sicherheit gewährleisten: Stelle sicher, dass dein Zuhause sicher für deinen Hund ist. Entferne potenzielle Gefahrenquellen und sorge dafür, dass er nicht an gefährliche Gegenstände gelangen kann.
  • Entspannte Umgebung: Schaffe eine entspannte Umgebung, in der sich dein Hund wohl fühlt. Platziere seinen Korb an einem für ihn gemütlichen Ort, sodass er sich in deiner Abwesenheit hinlegen mag.
  • Spielzeug und Ablenkung: Biete deinem Hund Spielzeug oder Snacks an, um ihn während deiner Abwesenheit zu beschäftigen.
  • Verabschiedung und Begrüßung: Mache keine große Sache aus deiner Verabschiedung oder Begrüßung. So wird das Alleinsein ein ganz normaler Teil seines Hundealltags und das Risiko für Verlustangst bei deinem Hund sinkt.
  • Nachbarn informieren: Sag deinen Nachbarn Bescheid, dass du mit deinem Hund übst, allein zuhause zu bleiben. Sei erreichbar und bereit kurzfristig wieder nach Hause zu kommen, wenn sie dich wegen unerwarteter Probleme kontaktieren.
  • Überwachungskamera: Eine Überwachungskamera kann dir dabei helfen, das Verhalten deines Hundes während deiner Abwesenheit im Auge zu behalten.

Taubheit im Alter

Wenn ein Hund im Alter taub wird, solltest du einige Verhaltensweisen und Gewohnheiten anpassen. So hilfst du ihm trotz Handicap ein glückliches und erfülltes Leben führen. Hier sind einige Tipps, wie du mit einem tauben Hund im Alter umgehen kannst:

  • Routinen beibehalten: Halte an vertrauten Routinen fest, da sie deinem Hund Sicherheit bieten.
  • Visuelle Signale: Setze verstärkt auf visuelle Signale und Körpersprache, um mit deinem tauben Hund zu kommunizieren.
  • Langsamere Bewegungen: Bewege dich ruhig und langsam, um deinem Hund Zeit zu geben, deine Körpersprache zu interpretieren.
  • Taktile Berührung: Nutze sanfte Berührungen und Streicheleinheiten, um Nähe und Zuneigung zu zeigen.
  • Vibrationshalsband: Ein Vibrationshalsband kann helfen, die Aufmerksamkeit deines tauben Hundes zu erregen, wenn du ihn rufen möchtest.
  • Sichtbarkeit erhöhen: Verwende verstärkt Geschirr oder Halsband mit Reflektoren, um deinen Hund im Dunkeln besser sichtbar zu machen.
  • Tierärztliche Untersuchung: Lasse deinen tauben Hund regelmäßig tierärztlich untersuchen, um altersbedingte Gesundheitsprobleme frühzeitig zu erkennen.
  • Bequeme Umgebung: Stelle sicher, dass die Umgebung deines Hundes komfortabel und zugänglich ist. Vermeide Hindernisse und Stolperfallen.
  • Geduld und Verständnis: Zeige Geduld, wenn dein Hund länger braucht, um zu reagieren. Gib ihm Zeit, sich an seine veränderte Situation anzupassen.
  • Qualität der Lebenszeit: Konzentriere dich darauf, das Leben deines tauben Hundes so angenehm wie möglich zu gestalten, indem du ihm Zuneigung, Aufmerksamkeit und Liebe schenkst.

Fazit

Die Taubheit verändert nichts an der Liebe und Bindung zwischen Mensch und Hund. Mit Verständnis, Geduld und der richtigen Herangehensweise können taube Hunde ein erfülltes und glückliches Leben führen. Indem man die Kommunikation anpasst, den Alltag etwas anders gestaltet und sich auf die Situation eines gehörlosen Hundes einstellt, bietet man ihm die bestmögliche Umgebung, um ein glückliches und möglichst unbeschwertes Leben zu führen. Das Leben mit einem tauben Hund mag anders sein, aber es kann ebenso bereichernd sein. In unerwarteten Notfällen kann eine Hundeversicherung vor unvorhergesehenen Tierarztkosten schützen.

FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Thema Taube Hunde

Kann ein tauber Hund gefährlich für andere Hunde sein?

Nein, taube Hunde sind nicht automatisch gefährlicher. Jedoch muss ein tauber Hund auf visuelle Signale und Körpersprache trainiert werden, um den Verlust des Hörsinns auszugleichen.

Straßensicherheit: Kann ich mit einem tauben Hund spazierengehen?

Beim Spazierengehen mit einem tauben Hund braucht es besondere Aufmerksamkeit. Die Verwendung klarer visueller Zeichen, um zu kommunizieren, hilft beim sicheren Gassigehen. Ein Vibrationshalsband kann nützlich sein, um Aufmerksamkeit zu erregen.

Gibt es einen Unterschied zwischen Taubheit und Schwerhörigkeit bei Hunden?

Ja, taube Hunde können überhaupt nicht hören, während schwerhörige Hunde möglicherweise noch einige Geräusche wahrnehmen.

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